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Breite für Radfahrer: E‑Radschnellweg Göttingen
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Donnerstag, 12. Juni 2014

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Die mobile Zukunft hat Pedale – und in vielen Fällen auch einen Zusatzantrieb. In Göttingen wird auf dem E‑Radschnellweg vorgemacht, wie man mit beidem schnell vorankommt. Verkehrsexperten und die Fahrradbranche beobachten und begleiten dieses Pilotprojekt mit großem Interesse.

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Elektroräder gelten längst als Mobilitätsform der Zukunft: Stadtplaner, Wissenschaftler und Kommunen ziehen an einem Strang, wenn es darum geht, die Belastungen durch den Autoverkehr in den Griff zu kriegen. „Rund 410.000 E‑Bikes wurden 2013 in Deutschland verkauft“, weiß Albert Herresthal vom Verbund Service und Fahrrad (VSF g. e. V., www.vsf.de). „Das ist in etwa jedes zehnte Neurad.“ Die wachsende Zahl der Elektroräder lässt auf eine steigende Nutzungsintensität schließen, und an diesem Punkt spitzen die Verkehrsexperten die Ohren: Was wäre, wenn man die Menschen auch auf Strecken zwischen fünf und 20 Kilometern aufs Rad beziehungsweise E‑Bike bekäme?

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Das Göttinger Modell

Wie das aussehen kann, zeigt exemplarisch die niedersächsische Universitätsstadt Göttingen. Die Stadt gehört zu einer von vier „Schaufenster-Regionen“, die 2012 von der Bundesregierung ausersehen wurden, um Pilotprojekte der Elektromobilität voranzubringen. Seit Ende 2013 sind Radler, die vom Zentrum aus in nördliche Richtung fahren – etwa zu den dort gelegenen Einrichtungen der Universität – auf dem E‑Radschnellweg unterwegs, der nach Abschluss der Bauarbeiten auf insgesamt vier Kilometern Länge bis zum Hauptbahnhof führen soll. Die Neuanlage von breiten Radwegen, verbesserte Kreuzungsbereiche, optimierte Ampelschaltungen sowie die Ausweisung von Fahrradstraßen zeigt

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Bürgern und Studierenden ganz konkret, was es braucht, damit der Umstieg aufs Fahrrad leichter fällt: „Ein Gefühl der Sicherheit und das Bewusstsein, mit dem Rad ohne komplizierte Verkehrsführung rasch zum Ziel zu kommen“, wie es Albert Herresthal auf den Punkt bringt. Als Mitinitiator des Branchenkongresses vivavelo (www.vivavelo.org) hat Herresthal längst begriffen, dass sich die Fahrradwirtschaft nicht mehr auf die Themen Sport und Urlaub reduzieren lassen darf, sondern die Chance nutzen muss, die Zukunft der mobilen Gesellschaft mitzugestalten.
Langfristig ist eine Erweiterung der Göttinger Radstrecke auf angrenzende Gemeinden geplant, was den Umstieg aufs Elektrorad noch attraktiver machen dürfte.

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Bewährtes Konzept mit elektrifiziertem Vorzeichen

Ohne Stau in die Stadt, auf Wegen mit Vorfahrt für Radler? „Für uns in den Niederlanden ist das Konzept der Radschnellwege nichts Neues“, erläutert Anke Namendorf vom Radhersteller Koga (www.koga.com). „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bessere Radwege zu mehr Radverkehr führen.“
Henning Voss, Deutschland-Importeur des englischen Faltrades Brompton (www.brompton.de), kann Ähnliches aus London berichten: In einer Stadt, deren Ruf eigentlich

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alles andere als fahrradfreundlich ist, haben akute Maßnahmen zur Radverkehrsförderung, City-Maut und die Vision eines „Cycling Superhighways“ den Radverkehrsanteil binnen zehn Jahren verdreifacht.
Deutsche Verkehrsplaner schielen gerne hinüber nach Holland, um die Potenziale des elektrifizierten Radverkehrs auszuloten. Dort war bereits 2012 jedes sechste Neurad ein Elektrobike, und viele davon kommen auf längeren Fahrten im Alltagsverkehr zum Einsatz. Und da etliche dieser Fahrten früher mit dem Auto zurückgelegt wurden, bedeutet die Zunahme der E‑Bikes auch eine Steigerung des Radverkehrs. „Dies alles ruft natürlich nach Änderungen der
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Grundvoraussetzung, sprich der Infrastruktur“, betont Andreas Hombach vom Stadtmöblierer wsm (www.wsm.eu). Fahrradabstellanlagen würden ebenso dazugehören wie Akkuladestationen. Wichtig ist laut Hombach aber vor allem der Verkehrsfluss: „Also grüne Wellen bei Ampeln oder gleich das Umgehen von Kreuzungen, etwa durch Brücken oder Unterführungen.“ Eben das, was in Ländern wie Holland oder Dänemark bereits seit Längerem existiert und nun auch in Göttingen die Menschen auf dem Rad zügig vorankommen lässt.

Mehr Raum für Räder

Göttingen weist derzeit einen Radverkehrsanteil von knapp unter 30
Prozent auf, Tendenz steigend. „Seit dem ersten Autoboom zu Beginn der 1960er-Jahre dominiert der Pkw-Verkehr die Infrastruktur deutscher Städte. Doch Umweltbelastungen, der immense Raumanspruch und der damit einhergehende Verlust von Lebensqualität treffen kaum mehr den heutigen urbanen Zeitgeist“, urteilt Heiko Müller vom Darmstädter E‑Bike-Hersteller Blue Label (www.r‑m.de/bluelabel), der Elektroräder zur besten Alternative zum Auto erklärt. „Modelle wie der Göttinger E‑Radschnellweg oder die geplante Radschnellverbindung zwischen Darmstadt und Frankfurt sind gute Beispiele dafür, dass dieser Gedanke nun auch bei Verkehrsplanern Einzug hält und dem Fahrrad langsam, aber sicher mehr Raum zugestanden wird.“ Für bessere und breite Wege spricht sich auch Paul Hollants vom Liegeradanbieter HP Velotechnik (www.hpvelotechnik.com) aus: „Wenn Radverkehr in den Städten als echte Alternative zum Autoverkehr ernst genommen werden soll, muss dafür auch Platz zur Verfügung stehen.“ Denn nach Meinung Hollants‘ wird neben der allgemeinen Zunahme des Radverkehrs auch die Anzahl an mehrspurigen Spezialrädern mit ungewohnten Formen und Maßen steigen, beispielweise praktische Lasten- oder komfortable Liegedreiräder. Auch Gespanne mit Kinderanhängern profitieren von der neuen Breite; Göttingens E‑Radschnellweg bietet gut vier Meter.

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Fahrer schneller E‑Bikes bis 45 km/h könnten von den breiten Wegen ebenfalls profitieren, nur macht ihnen hier das Gesetz einen Strich durch die Rechnung, wie Thomas Hummel vom schweizerischen E‑Bike-Hersteller Flyer (www.flyer.ch) erklärt: „Anders als bei uns in der Schweiz müssen in Deutschland laut Gesetz schnelle Pedelecs innerhalb geschlossener Ortschaften auf der Straße fahren. Ob es Ausnahmen für ausgewiesene E‑Radschnellwege geben wird, bleibt abzuwarten, und im Sinne der Verkehrssicherheit zu hoffen.“

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Im Windschatten der E‑Mobilität

Noch sieht man in Fahrradstädten wie Göttingen deutlich mehr unmotorisierte Räder als E‑Bikes – kein Wunder bei dem großen Anteil an Studenten, die ja nicht eben die Hauptzielgruppe der E‑Bike-Anbieter sind. Tobias Erhard vom Komponentenhersteller Sram (www.sram.com) kann das verstehen: „Sportliche Alltagsräder oder komfortable Citybikes mit Nabenschaltung sind nun mal unschlagbar in Sachen Handhabung und Betrieb. Kein Aufladen, geringes Gewicht …“ Im Windschatten der neuen E‑Mobilität dürfte aber auch das normale Fahrrad weiter vorankommen – ein willkommener Nebeneffekt von Projekten wie dem Göttinger E‑Radschnellweg, denn die zukünftige urbane Mobilitätsform hat vielleicht nicht immer einen Motor, aber stets Räder und Pedale.

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