Die Reichweite und das E‑Bike
Donnerstag, 28. März 2019
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[pd‐f/tg] „Und wie weit komme ich damit?“, ist eine der wohl häufigsten Fragen von E‑Bike-Novizen. Mit modernen leistungsfähigen Akkus mit Lithium-Ionen-Technologie können unter optimalen Bedingungen Reichweiten jenseits der 100-Kilometer-Marke erzielt werden. Doch solche Angaben sind relativ, denn die Bedingungen sind selten optimal und die Reichweite immer auch eine Frage des Fahrstils. Außerdem wird der Akku im Laufe der Jahre an Leistung einbüßen. Wie man ihm möglichst viele Kilometer entlockt und was E‑Biker sonst noch über die Reichweite wissen sollten, erklärt der pressedienst-fahrrad mit ein paar wertvollen Tipps.
1. Wie groß ist eigentlich der „Tank“?
Es ist ein einfacher Sachverhalt: Je mehr Energie im Akku gespeichert wird, desto weiter kommt man theoretisch mit dem E‑Bike. „Wer ein Elektrorad mit möglichst großem Energiespeicher erwerben möchte, dem bieten die Wattstunden (Wh) des Akkus einen realistischen Anhaltspunkt und ein gutes Vergleichsmaß für die Reichweite“, beschreibt Anja Knaus vom E‑Bike-Pionier Flyer. Allerdings: Je größer der Akku, desto schwerer und teurer wird er auch. Deshalb ist es wichtig, sich im Vorfeld Gedanken über den Einsatzzweck zu machen. Ein Alltagspendler, der bei der Arbeit und zu Hause eine Steckdose zum Aufladen hat, braucht keinen so großen Akku wie ein Tourenfahrer, der lange Strecken zurücklegt.
3. Modi machen Meilen
Den größten Einfluss hat die Motorunterstützung. Moderne E‑Bikes haben verschiedene Stufen zur Auswahl. E‑Bike-Neulinge sind natürlich gewillt, sich permanent von der höchsten helfen zu lassen. „Besonders bei extremen Steigungen ist der Spaßfaktor bei der höchsten Unterstützungsstufe sehr groß. Das kostet auf die Dauer allerdings mehr Akku-Kapazität“, sagt Heiko
Müller vom Darmstädter E‑Bike-Hersteller Riese & Müller und empfiehlt, mit den verschiedenen Unterstützungsstufen zu experimentieren und die für die eigenen Bedürfnisse beste Unterstützung zu wählen.
Die richtige Temperatur macht’s
Einen wesentlichen Faktor für die Leistungsfähigkeit des Akkus stellt die Außentemperatur dar. Die Lithium-Ionen-Akkus arbeiten in einem Temperaturbereich von zehn bis 20 Grad Celsius am besten. Kälte mindert hingegen die Reichweite, da das Elektrolyt, in dem sich die Ionen austauschen, zähflüssiger wird. Das kann die Reichweite im Winter bis auf die Hälfte reduzieren. „Darum lagert man den Akku am besten bis kurz vor Fahrtantritt in der Wohnung und steckt ihn für die Fahrt in ein Neopren-Cover“, rät Philipp Elsner-Krause vom Accessoire-Spezialisten Fahrer Berlin. Hitze wirkt sich hingegen kaum auf die Reichweite aus.
Wir haben unser Bildarchiv aktualisiert. Dabei wurden ältere Bilder entfernt – darunter das hier verlinkte. Melden Sie sich einfach für passende Motive zum Artikel: 0551–9003377‑0.2. Was in den Beinen schmerzt, schadet dem Akku
Während Autos mit niedriger Drehzahl am sparsamsten laufen, kommt man auf dem E‑Bike mit höheren Drehzahlen am weitesten, genauer gesagt: einer Trittfrequenz von 60 bis 70 Kurbelumdrehungen pro Minute. In schweren Gängen bei langsamer Trittfrequenz muss der Motor mehr arbeiten als der Mensch – das kostet Strom. „Hier hilft es, mal sprichwörtlich einen Gang raus zu nehmen“, empfiehlt Anja Knaus. Bei zu hoher Trittfrequenz hingegen kommt der Motor nur sehr schwach zum Einsatz und man selbst ins Schwitzen. Deshalb werden am Display vieler Modelle Schaltempfehlungen angezeigt, wie sie bei Autos den Fahrer auf eine energieschonende Fahrweise hinweisen. Übrigens: Lockeres, leichtes Treten ist für Muskulatur, Kreislauf und insbesondere die Kniegelenke gesünder.
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Da man mit dem E‑Bike leicht höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten fahren kann, lohnt es sich zu überlegen, ob nicht auch die längere, aber flüssiger zu fahrende Route die schnellere und Akku-schonendere ist. Es empfiehlt sich immer, die Hauptstrecke (z. B. den Arbeitsweg) vorher einmal mit dem Wunschrad Probe zu fahren. Da sieht man schnell, ob eine Akku-Ladung für den Hin- und Rückweg reicht. „Wer auf seinen Routen möglichst viele Kilometer machen will, sollte bei der Planung darauf achten, möglichst flache Etappenprofile zu wählen. Lange Anstiege fressen Akku-Leistung“, erklärt Radreisespezialist Stefan Stiener von Velotraum.
Wir haben unser Bildarchiv aktualisiert. Dabei wurden ältere Bilder entfernt – darunter das hier verlinkte. Melden Sie sich einfach für passende Motive zum Artikel: 0551–9003377‑0.6. Radpflege gleich Reichweite
Ein leicht laufendes E‑Bike erzielt mehr Kilometer, weil weniger Reibung durch Schmutz an den Antriebsteilen auftritt. „Im Konkreten heißt das: Regelmäßig Kette putzen und ölen! Denn ein gut geschmierter Antrieb hilft der Reichweite“, so Stiener. Wer darauf keine Lust hat, dem bietet sich als Alternative ein E‑Bike mit Riemenantrieb an. „Der Riemenantrieb genießt den Vorteil, dass er wartungsärmer und langlebiger als eine Kette ist. Einfach mit Wasser abspülen, wenn er verdreckt ist. Zudem längt sich der Riemen nicht, was den Reibungsverlust mindert“, so Frank Schneider vom Riemenspezialisten Gates.
Rollen mit weniger Widerstand
Ohne Reifen rollt nichts und ohne Luft rollen nur wenige Reifen. Ein niedriger Rollwiderstand und damit ein Plus an Kilometerleistung lässt sich mit dem richtigen Luftdruck erzielen. Je nach Fahrergewicht, Beladung, persönlichem Komfortbedarf und Untergrund sollte man den Reifen unterschiedlich aufpumpen. „Passend abgestimmt, bietet der Reifen eine bessere Leistung und somit eine längere Akku-Laufzeit“, fasst René Marks von Schwalbe zusammen. Die Entwicklung von speziellen E‑Bike-Reifen ist ein Schwerpunkt im Unternehmen. Durch das höhere Radgewicht sei ein robuster, breiterer Reifen sinnvoll. Dieser gebe nicht nur mehr Komfort, sondern auch bessere Kontrolle. „Wir setzen zudem mittlerweile auf spezielle Gummimischungen, welche gerade bei höheren Kurvengeschwindigkeiten den E‑Bikes mehr Sicherheit und Grip verleihen“, so Marks.
Auf die Zuladung achten
Die Elektrounterstützung lädt dazu ein, viel Gepäck mitzunehmen. Das ist jedoch ein Fehler: „Je schwerer das E‑Bike wird, desto mehr Strom wird verbraucht. Wenn man also lange Strecken fahren möchte, sollte man überlegen, welches Gepäckstück und welcher Packtascheninhalt wirklich sinnvoll ist“, rät Peter Wöstmann vom Taschenspezialisten Ortlieb. Einen Tipp für Langstreckenfahrer hat er auch noch parat: „Sicherheit gibt immer ein Zweit-Akku. In unseren speziellen E‑Bike-Taschen lässt sich dieser problemlos verstauen.“
7. Zweiter Akku gleich doppelte Reichweite
Für E-Reiseräder setzt sich allmählich auch ein von Werk eingebauter zweiter Akku durch, oder zumindest die Option darauf. „Der Vorteil ist hier ein computergesteuertes Lademanagement – man muss die Akkus weder zum Leerfahren noch zum Aufladen austauschen“, so Heiko Müller, dessen Unternehmen Riese & Müller den Doppel-Akku anbietet. Liegeradhersteller HP Velotechnik setzt bei seinen E‑Dreirädern bereits seit 2013 auf die Option und nennt dieses System treffend „Doppelherz“. Doch noch ein weiterer Punkt erhöht die Reichweite an den flachen Liegerädern: ihre Aerodynamik. „Die Reichweite eines E‑Liegerads ist höher als die eines konventionellen E‑Bikes bei gleichem E‑Antrieb und Akku“, erläutert Paul Hollants von HP Velotechnik, der diesen Umstand schon mehrfach selbst überprüft hat.
Das Licht stört nicht
Seit einer Gesetzesänderung 2013 darf bei E‑Bikes die Beleuchtung direkt aus dem Akku gespeist werden und es ist kein zusätzlicher Nabendynamo mehr notwendig. Auswirkungen auf die Reichweite hat das allerdings keine bzw. nur marginale. Scheinwerfer und Rücklicht leuchten noch, wenn der Motor bereits keine Energie mehr hat. „So kann man im Notfall noch viele Kilometer radeln“, verweist Sebastian Göttling vom Lichtexperten Busch & Müller. Die Schwierigkeit liege aus seiner Sicht viel mehr darin, den passenden Scheinwerfer für die unterschiedlichen Spannungen der Akkus zu entwickeln: „Das ist für die Lichthersteller eine zusätzliche Herausforderung.“
Vergleichbarkeit schaffen
Um eine Vergleichbarkeit einzelner Akku-Modelle trotz der unterschiedlichen Einflussfaktoren zu schaffen, hat der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV e. V.) einen normierten Reichweitentest entwickelt. Das sogenannte „R200“-Verfahren kann auf qualifizierten Prüfständen durchgeführt werden und soll reproduzierbare Ergebnisse liefern. Einflussgrößen sind z. B. die Batterie, das Antriebssystem, der Antriebsstrang und die Bereifung des E‑Bikes. Um die Ergebnisse trotz unterschiedlicher Unterstützungsmodi für den Käufer vergleichbar zu machen, werden alle E‑Bikes auf einen einheitlichen Unterstützungsfaktor von 200 Prozent normiert. Zum Messen der äußeren Bedingungen wie Untergrund und Wind werden standardisierte Werte herangezogen. Somit sollen die angegebenen Reichweiten der Räder nachvollziehbarer gemacht werden.
9. Wie viel Reichweite braucht man denn nun wirklich?
In Zukunft werde nicht die Frage nach der absoluten Reichweite, sondern vielmehr nach der Energieversorgungsinfrastruktur gestellt, ist sich Andreas Hombach vom Stadtmöblierer WSM sicher. Bereits heute bietet das Unternehmen clevere Ladestationen für den öffentlichen Raum an. „Ein interessanter Aspekt der Reichweitenüberlegung ist übrigens, dass die Hälfte aller im Alltag zurückgelegten Wege kürzer als fünf Kilometer ausfällt“, ergänzt Hombach. Nicht jeder braucht also den richtig großen Tank.
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