Wie der Fahrradreifen länger hält
Die Reifen sind eines der wichtigsten, wenn nicht sogar das wichtigste Teil am Fahrrad. Sie sind die einzige Verbindung zwischen Rad und Untergrund und somit wichtig für ein sicheres Vorankommen. Der Luftreifen ist elementar für Rollwiderstand, Traktion und Komfort des Rads. Deshalb merkt man eigentlich auch schnell, wenn der Reifen nicht mehr so macht, wie er soll. Gerade nach einer längeren Winterpause ist das oft der Fall. Neben dem bereits obligatorischen Griff zur Luftpumpe sollten Reifen beim Check immer auch auf kleine Risse und Beschädigungen kontrolliert werden, damit sie lange halten. Kleine Eindringlinge in der Lauffläche sind völlig normal – man sollte sie aber ab und zu mal heraus pulen, damit sie keine Chance haben, sich vollends durchzugraben.
Profil und Seitenwand prüfen
Bei einem verschlissenen Reifen denken viele zuerst an ein abgefahrenes Profil. Laut Doris Klytta vom Reifenspezialisten Schwalbe erreichen allerdings viele Reifen ihre mögliche Kilometerleistung erst gar nicht, weil sie mit zu wenig Druck gefahren werden. Im Fahrbetrieb kann der Reifen ohne ausreichend Luftdruck die Last von Fahrer:in und Fahrrad nicht mehr optimal tragen und verformt sich stark. Dabei wird die Seitenwand überlastet und es kommt zu Beschädigungen an Reifen und Schlauch. Bei ersteren treten kleine Risse in der Seitenwand auf. Zweiterer zeigt in der Folge sogenannte Walkspuren – und kann im schlimmsten Fall platzen.
Ein Indikator dafür ist, wenn die Seitenwände stärker beschädigt sind als die mittlere Lauffläche. „Dieser Verschleiß lässt sich aber einfach vermeiden, wenn man beim Aufpumpen eine Luftpumpe mit Manometer verwendet und sich an die angegebenen Reifendruckangaben der Hersteller hält“, erklärt Beatrix Collins vom deutschen Pumpenspezialisten SKS Germany. Die Angaben zum Minimal- und Maximaldruck finden sich auf den Seitenflanken des Reifens. Übrigens: Bereits beim Einlagern sollte man darauf achten, dass der Luftdruck stimmt. Ein platter Reifen wird beim Stehen nicht besser. Ganz im Gegenteil: Die Seitenwand wird bei zu wenig Druck durch das lange Stehen auf einem Punkt gequetscht und beschädigt. Am besten ist es sogar, das Fahrrad hängend zu lagern, damit die Reifen überhaupt keinen Kontakt zum Boden haben.
Fahren bis der Reifen glüht
Die Haltbarkeit eines Reifens an festen Angaben auszumachen, ist jedoch schwierig. Reifenspezialist Schwalbe spricht beispielsweise von 2.000 bis 12.000 Kilometern Laufleistung – je nach Reifen. „Das ist von Modell und Einsatzzweck unterschiedlich. Unsere pannensicheren Marathon-Reifen halten deutlich länger als unsere Standardmodelle“, so Klytta. Zu stark ist der Reifen von richtigem Reifendruck, dem Straßenbelag, dem Fahrergewicht, den Außentemperaturen und sogar dem Fahrstil abhängig. So verschleißt der Reifen bei Hitze und rauem Asphalt deutlich schneller. Anders als bei Autoreifen gibt es bei Fahrradreifen keine vorgeschriebene Profiltiefe. Die Ausnahmen sind S‑Pedelecs, die als Kleinkrafträder gelten. Hier muss der Reifen eine Profiltiefe von mindestens einem Millimeter aufweisen. Aber auch Mountainbiker:innen sollten nicht mit einem abgefahrenen Profil unterwegs sein. So geht die Traktion verloren.
Kleine, oberflächliche Risse stellen ebenfalls noch keine grundlegende Gefahr dar. „Der Reifen wird allerdings pannenanfälliger, weshalb man schon einmal über einen Reifenwechsel nachdenken sollte. Spätestens wenn der Pannenschutz oder die Karkassenfäden zu sehen sind, ist der Wechsel zwingend nötig“, sagt Klytta. Der richtige Moment für einen Reifenwechsel braucht somit etwas Fingerspitzengefühl und Selbsteinschätzung, ist aber lohnenswert. Neuere Reifenmodelle verfügen in der Regel über verbesserte Rolleigenschaften und Gummimischungen sowie einen erhöhten Pannenschutz. Das ist direkt spürbar.
Fortschritt mindert Verschleiß
Ein weiteres „Problem“ hat der Fahrradmarkt in den letzten Jahren selbst beseitigt: Durch ein zu starkes Anpressen eines Seitenläuferdynamos wurde der Reifen schnell in Mitleidenschaft gezogen. „Neue Fahrräder haben mittlerweile standardmäßig Nabendynamos verbaut. Diese funktionieren reibungslos, ermöglichen bessere Lichtleistungen und beschädigen den Reifen nicht“, freut sich Sebastian Feßen-Fallsehr vom Beleuchtungshersteller Busch & Müller. „Es spricht eigentlich gar nichts mehr dafür, mit einem Seitenläufer unterwegs zu sein.“
Sonderfälle Liegedreirad und Anhänger
Da die meisten Fahrradreifen für zweirädrige Modelle entwickelt wurden, kann der Abrieb und Verschleiß an dreirädrigen Liegerädern durchaus höher ausfallen als beim Aufrechtrad. Der Grund liegt daran, dass Dreiräder sich nicht in die Kurve neigen, sondern die Räder in fast 90 Grad zum Boden bleiben. Deshalb untersteuern besonders ungeübte Fahrer:innen schnell, was den Abrieb der Lauffläche beschleunigt. „Wer einen erhöhten Reifenverschleiß an seinem Trike feststellt, sollte einmal die Spur des Rades überprüfen lassen. Wenn diese nicht richtig eingestellt ist, erhöht sich die Reibung durch etwas schief stehende Reifen auch beim Geradeausfahren, was die Lebensdauer der Reifen reduziert“, erklärt Alexander Kraft von HP Velotechnik. Anhängerreifen sollten in der Regel hingegen sogar länger halten als Fahrradreifen. „Auf die Reifen wirken weder Lenk- noch Antriebs- oder Bremskräfte, was die Haltbarkeit erhöht“, sagt Anne Schmidt von Croozer. Sollte der Anhängerreifen dennoch schneller abbauen, muss der korrekte Sitz der Reifen überprüft werden.