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Motorengeräusche am E‑Bike
Donnerstag, 28. März 2019
*** Bitte beachten Sie: Dieser Artikel ist zwei Jahre alt oder älter. Wir haben ihn nicht gelöscht, weil Inhalte wie Tipps, Hintergründe und Technisches noch immer gültig sind. Ansprechpartner, Produkte und Preise können sich aber zwischenzeitlich geändert haben. Für ein Update rufen Sie uns bitte an! ***
Darf man Fahrrädern mit E‑Motor anhören, dass sie mit Unterstützung fahren? Was macht beim E‑Bike überhaupt Geräusche – und wie kann man diese unterdrücken? Wird darauf eigentlich bewusst Einfluss genommen? Der pressedienst-fahrrad hat genau hingehört – an Rädern und in der Branche.
E‑Bikes werden nicht nur immer mehr, sie werden auch immer unterschiedlicher. Nahezu jede Radgattung wurde bereits elektrifiziert und langfristig erwarten Fachleute über ein Drittel Marktanteil mit Motor. Mit den unterschiedlichen Anwendungen wird auch die Art des Antriebs konsequenter ausdifferenziert: Immer mehr E‑Stadträder haben sanfte Unterstützung, E‑Tourer hohe Reichweite und E‑MTBs viel Kraft. Dem Entwicklungstrend, immer kleinere und leichtere Motoren und Akkus zu bauen, folgt als unausgesprochenes Ziel, das E am Bike möglichst unsichtbar zu machen. Doch ist das wirklich wünschenswert und gilt das auch akustisch?
Wir haben unser Bildarchiv aktualisiert. Dabei wurden ältere Bilder entfernt – darunter das hier verlinkte. Melden Sie sich einfach für passende Motive zum Artikel: 0551–9003377‑0.Was das E‑Bike leise macht
Beim E‑Bike-Hersteller Winora wird klar nach Einsatz bzw. Radgattung differenziert: „Für Stadträder und Touren-Bikes sollte der Motor möglichst flüsterleise sein. Die Zielgruppen für diese Räder empfinden E‑Bikes mit größerer Geräuschentwicklung als eher störend, was zur Folge hat, dass diese auch schlechter verkauft werden“, erklärt Christian Malik, Manager Global Innovation Center Sports.
Der Berliner Antriebshersteller Brose hat sich möglichst lautlosen Motoren verschrieben: „Geräuscharmut und bestmögliche Rahmenintegration waren von Beginn an unser Anspruch, um so nah wie möglich am natürlichen Fahrgefühl des Fahrrads zu bleiben“, erklärt Vertriebs- und Marketingleiter Horst Schuster. Darum fließt bei Brose nicht wenig Entwicklungskraft in die Geräuscharmut des Motors. „Vier Hauptfaktoren sind für den leisen Lauf verantwortlich, die sich so auch nur in unseren Antrieben finden“, führt Schuster aus: „Zur Stromversorgung des Motors setzen wir Software-seitig eine sinuskommutierte E‑Maschine ein, die Vibrationen schon an Spule und Rotor verhindert. Ebendort arbeitet ein bürstenloser Innenläufer extrem geräuscharm. Vom Motor zum Antriebsritzel übersetzen wir die Umdrehungen zweimal, einmal mittels Gates-Carbonriemen über zwei Zahnräder und einmal über ein schräg verzahntes Planetengetriebe aus hochwertigem Industriekunststoff. Beides ist deutlich leiser als die Alternative, etwa Steuerkette und Stahlstirnradgetriebe.“
Verbaut werden die Antriebe beispielsweise im E‑Bike-Flotten-Angebot „E‑Bike Premium Solutions“ des oberfränkischen Herstellers Messingschlager. Dort erklärt Toni Messingschlager, Assistent der Geschäftsleitung: „Unsere Kunden wünschen sich Motoren, die so leise wie möglich sind. Am besten soll man sie überhaupt nicht hören.“
E‑Bikes, die man hören soll
Nicht zu unterschätzen ist der psychologische Faktor beim Beschleunigen: Die Extra-Kraft zwischen den Pedalen auch zu hören, fühlt sich für viele E‑Biker deutlich kraftvoller an. „Manche Motoren geben ein deutliches ‚hochdrehendes‘ Geräusch von sich, das nach dem Hochschalten wieder bei einem tieferen Ton startet. Das vermittelt Kraft und Tempo“, beschreibt Anja Knaus vom schweizerischen Hersteller Flyer.
Christian Malik differenziert die Stadt- und Tourenräder der Marke Winora deutlich von den E‑MTBs der Schwestermarke Haibike. Bei letzteren sei ein zu den Leistungsdaten passender Sound ein gewünschter Effekt – etwa bei Beschleunigung oder unter Last, wie man das auch vom Sportwagen her kenne: „Zwar ist auch am E‑MTB ein Trend hin zu weniger lauten Systemen erkennbar, jedoch darf ein performanter Motor, wie wir ihn in unserer ‚Flyon‘-Serie verbauen, seine Kraft auch hörbar machen. Das haben wir bewusst definiert und beeinflusst.“
Sound-Design am Pedelec?
Eine Umfrage bei mehreren E‑Bike-Herstellern ergibt, dass die Möglichkeiten der Klangbeeinflussung, die das Rad selbst etwa am Rahmen bietet, noch selten bewusst genutzt werden. Markus Riese, Geschäftsführer von Riese & Müller, erklärt etwa: „Wir verbauen in unseren E‑Bikes und E‑Cargo-Bikes ausschließlich Mittelmotoren von Bosch. Da gibt es verschiedene Motoren und Generationen, die einen unterschiedlichen Klang haben. Was wir in welchem Modell verbauen, hängt stark von der Nutzung des E‑Bikes ab. So integrieren wir bewusst in unser Citybike ‚Roadster‘ den sehr leisen Aktiv-Plus-Motor und in unser E‑Cargo-Bike ‚Load 60‘ den kräftigen Performance CX.“ Gleiche Motoren entwickeln allerdings unterschiedliche Geräusche in verschiedenen Rahmen, Stichwort Resonanzkörper. Volker Dohrmann, Leiter Produkt, Strategie und Marketing bei Stevens Bikes, erklärt, dass auch immer das Gesamtrad betrachtet werden muss: „Abgesehen davon, dass ein Motor nun einmal Geräusche macht oder nicht, achten wir explizit auf klapperfreie Zugverlegung und nutzen etwa einen Riemenantrieb für ein leiseres Rad.“
Fazit
Der Trend geht momentan noch eher zu mehr Leistung und der Geräuschpegel ist bei wenigen Motorenherstellern im Fokus. Die definierte Lautstärke des Motors wird aber vermutlich in Zukunft wichtiger als bisher. „Das Leistungsniveau der vier oder fünf größten Hersteller wird ähnlicher. Womöglich bietet der definierte Klang – oder seine Abwesenheit – künftig ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal“, so Anja Knaus.
pressedienst-fahrrad /H. David Koßmann
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