Fahrradsattel – was man beim Kauf beachten muss
Fahrstil
Das wesentliche Kriterium bei der Sattelwahl ist der Fahrstil. Je nach Rückenneigung und Sitzposition variiert der Druck auf Gesäß und Sattel. Bei sportlich-vorgebeugter Fahrweise berühren die Sitzknochen den Sattel weiter vorne, was eine schmalere Sattelform erlaubt bzw. nötig macht. Deshalb gilt grob die Regel: Je aufrechter die Sitzposition, desto breiter der Sattel. Während also Rennradfahrer:innen lieber zum schmaleren Sätteln greifen, wählen City-Biker:innen ein breiteres Modell. Ob es dabei geschlechterspezifische Unterschiede bei der Sattelwahl braucht, ist ein wesentlicher Diskussionspunkt zwischen den Herstellern und hängt in erster Linie auch von der Sitzposition ab. Bei sportlicher Fahrweise sitzen Frauen in der Regel stärker auf dem Genitalbereich, während bei Männern der Druck auf dem sensiblen Dammbereich liegt. Deshalb bieten Hersteller wie Ergon bei sportlichen Sätteln Modelle für Frauen und Männer an, die sich im Aufbau unterscheiden. Je aufrechter die Sitzposition, desto besser funktionieren Unisex-Modelle.
Sitzknochenabstand
Der zweite wesentliche Faktor für den richtigen Sattel ist der Sitzknochenabstand. Er entscheidet über die passende Breite, denn Sattelmodelle werden meist in zwei oder drei unterschiedlichen Größen angeboten. Das ist wichtig, damit die druckausgleichenden Gelpolster der Sättel passend unter den Sitzknochen liegen und so für optimale Entlastung sorgen. Der Sitzknochenabstand wird im Fachhandel anhand einer Messvorrichtung bestimmt. Dafür bieten viele Sattelhersteller spezielle Messsysteme an, mit deren Hilfe in wenigen Sekunden der passende Abstand bestimmt werden kann, was für den Alltagsbereich ausreichend ist. Es gibt sogar Lösungen wie den „Saddle Selector“ von Ergon, bei dem man durch ein Online-Tool bequem von zu Hause aus die richtige Sattelgröße und das passende Modell ziemlich genau ermitteln kann. Dabei fällt auf, dass ein breiter Sitzknochenabstand nichts über die Gesäßbreite aussagt. Eitelkeit ist hier also fehl am Platz. Wer es genauer wissen oder sportlich-ambitionierter fahren möchte, kann bei Ergonomie-Expert:innen ein Bike-Fitting mit Satteldruckanalyse machen.
Sattelhärte
Weiche Sättel sind automatisch bequem – so lautet immer noch eine weit verbreitete Meinung. Exakt das Gegenteil ist jedoch der Fall: Man darf nicht zu weich sitzen. Durch den Sitzdruck wird weiches Sattelmaterial aus der Druckzone an deren Ränder verschoben und bildet dort Wülste, die Schmerzen wie Hautreaktionen oder Wundscheuern hervorrufen können. Ein möglichst harter Sitz ist deshalb gerade für längere Strecken zu empfehlen. Aber: Der harte Sattel braucht eine gewisse Eingewöhnungsphase. Das muss man bei den ersten Fahrten immer berücksichtigen. Auch deshalb setzen sportliche Fahrer:innen gern auf eine Unterziehhose mit integriertem Sitzpolster.
Ausprobieren
Die Unterschiede bei den Sätteln zeigen bereits, dass man wahrscheinlich nicht sofort den passenden Sattel findet. Sportwissenschaftler Dr. Kim Tofaute nennt die Sattelwahl deshalb gerne einen „Trial-and-Error-Prozess, bei dem Error überwiegt.“ Durch die genannten Parameter kann jedoch bereits eine gute Vorauswahl getroffen werden – für die Feinjustierung gilt dann Ausprobieren und auch längere Zeit Probefahren. Und sich von falschen Vorstellungen verabschieden: Ein Sattel ist kein Sessel! Der Sattel trägt weiterhin beim Radfahren den Großteil des Körpergewichts auf einer geringen Fläche. Druck ist also auch bei einem neuen Modell da und hin und wieder kann es zu Schmerzen kommen. Dem Körper Zeit eingestehen und sich öfters auf das Rad schwingen, um sich an den neuen Sattel zu gewöhnen, ist also weiter unerlässlich.