StVO-Novelle tritt in Kraft: Neuer Schwung für den Radverkehr in Deutschland
Mit dem Inkrafttreten der StVO-Novelle erleichtert die Gesetzgebung die Einrichtung von Radverkehrsanlangen. Für Kommunen eröffnen sich neue Handlungsspielräume, um Radfahrstreifen, Fahrradstraßen, Fahrradparkplätze und Tempo-30-Zonen auszuweiten. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fordert die Kommunen deshalb auf, jetzt aktiv zu werden und infrastrukturelle Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs zu ergreifen. „Die Zeiten, in denen erst Unfälle geschehen mussten, um Radwege zu schaffen, sind vorbei. Kommunen können nun einfacher als je zuvor Maßnahmen ergreifen, die auf Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung abzielen“, sagt ADFC-Bundesgeschäftsführerin Caroline Lodemann.
Radstreifen und Busspuren
Ein zentrales Element der Reform ist die erleichterte Einrichtung von Radfahrstreifen.Bisher musste ihre Notwendigkeit in der Regel durch „besondere Umstände“ nachgewiesen werden. Diese Hürde fällt nun weg und es wird möglich sein, Radfahrstreifen einfacher umzusetzen. Zudem sollten die Streifen so breit sein, dass ein Überholen von anderen Radfahrenden ermöglicht wird. Auch eine Option: Busfahrstreifen können für den Radverkehr freigegeben werden, wenn keine Radverkehrsanlage besteht. Diese Option gab es zwar schon früher, aber die Einrichtung von Busspuren wurde durch die Novelle vereinfacht.
Fahrradmonitor
Laut dem aktuellen Fahrradmonitor wünschen sich die meisten Radfahrenden, dass mehr Radwege gebaut werden. Auf Platz zwei folgen die Trennung der Radfahrenden vom Pkw-Verkehr sowie auf Platz drei mehr Schutz- und Radfahrstreifen sowie sichere Fahrradabstellanlagen.
Poller an Fahrradstraßen
Fahrradstraßen und ‑zonen lassen sich künftig leichter gegen unerlaubten Kfz-Durchgangsverkehr schützen – zum Beispiel durch Poller, die nur die Passage mit dem Kfz verhindern, Fahrräder jedoch durchlassen. „Die Anordnung der Poller sollte jedoch so breit sein, dass Radfahrende mit Anhänger sie auf alle Fälle problemlos durchqueren können“, fordert Anne Schmidt vom Anhängerspezialisten Croozer. Gleiches gilt für Liege- und Lastenräder. Das muss bei den Planungen auf alle Fälle berücksichtigt werden. Generell sollten Fahrradstraßen per Gesetz nicht zu schmal sein. Um die Fahrradstraße zu erweitern, können laut der neuen Verordnung Kfz-Parkplätze entfernt werden, wenn die Fahrradstraße als ein notwendiger Teil des Radverkehrsnetzes eingestuft wird.
Mehr Stellflächen für Radparken
Autoparkplätze in Stellflächen für Fahrräder umzuwandeln, wird ebenfalls durch die Novelle vereinfacht. Auf einen Pkw-Parkplatz passen in der Regel vier bis fünf Cargobikes oder auch Liegeräder, wie sie beispielsweise ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung nutzen. Es war bislang zwar bereits möglich, setzte aber einiges an Anforderungen voraus und wurde noch von zu wenigen Kommunen umgesetzt. Besonders für Lastenräder, die zwar auf Gehwegen abgestellt werden dürfen, aber diese an Engstellen versperren, sind nun weitere Parkoptionen möglich. „Wir sehen die StVO als ein wichtiges Zeichen in Richtung Verkehrswende: Oftmals scheitert der Kauf eines Cargobikes noch daran, dass man keinen passenden Parkplatz hat. Jetzt können schnell Parklösungen für Familien und Gewerbe geschaffen werden“, sagt Mathias Müller, Head of PR bei RTI Sports, dem Hersteller der Cargobikes der Marke Ca Go.
Die Umgestaltung hätte noch einen zusätzlichen Vorteil mit Blick auf den Klimawandel: Asphaltierte Parkplätze oder auch das Metall parkender Autos heizen sich an heißen Tagen stark auf und strahlen zusätzliche Wärme in die Umgebung. Grünflächen bieten hingegen den Vorteil, dass sie Straßenzüge kühlen und Regenwasser bei Starkregen besser versickern kann – und Fahrradparkanlagen können so gestaltet werden, dass sie eine Überdachung mit einer speziellen Begrünung haben. Eine derartige Lösung bietet beispielsweise das Unternehmen WSM an. Die Vorteile laut Hersteller: Die Schadstoffe aus der Luft werden gefiltert und gleichzeitig Regenwasser zurückgehalten. Außerdem reduziere die Begrünung den Umgebungslärm.
Tempo-30-Inseln
Darüber hinaus werden Lücken bei Tempo-30-Zonen leichter zu schließen sein. Auch ist das Einrichten von Tempo 30 erleichtert, insbesondere im Umfeld von Schulen, Spielplätzen und an Zebrastreifen. Eine wichtige Voraussetzung, um Kindern sichere Alltagswege zu ermöglichen und sie wieder mehr aufs Rad zu bringen. „Wenn Kinder mehr Fahrrad fahren, stärken sie ihre Gesundheit sowie ihr Selbstbewusstsein und fördern ihre Selbstständigkeit. Eine sichere Infrastruktur ist dabei entscheidend, damit Kinder wieder öfter aufs Rad steigen“, sagt Guido Meitler, Marketingmann beim Kinderfahrzeughersteller Puky. Aktionsbündnisse wie Kidical Mass bringen diese Forderungen in vielen Städten bereits auf die Straße und nehmen die Kommunen in die Pflicht, mehr für eine sichere Infrastruktur zu tun.
Aktionen können schon anlaufen
Allerdings warten viele Behörden noch auf die konkrete Verwaltungsvorschrift zur StVO, um rechtssicher handeln zu können. Diese wird aktuell vom Bundesverkehrsministerium erarbeitet. Doch laut Lodemann können die Vorbereitungen schon jetzt beginnen: „Wir rufen die Verantwortlichen auf, in die Pedale zu treten und die neuen Möglichkeiten mutig umzusetzen.“
Aktives Mitgestalten möglich!
Damit Bürger:innen aktiv den Radverkehr in ihrer Kommune mitgestalten können, ruft der ADFC alle zwei Jahre zum sogenannten Fahrradklima-Test auf. Hier können Radfahrende über die Zufriedenheit und mögliche Verbesserungen in ihrer Kommune Auskunft geben. Mit Blick auf die StVO-Novelle ergeben kommen weitere Gestaltungsmöglichkeiten hinzu. H. David Koßmann vom pressedienst-fahrrad schreibt in einem Kommentar, warum eine Teilnahme wichtig ist.