Federgabel und Dämpfer: Tipps zur Pflege (nicht nur) im Winter
Sand, Straßendreck und Streusalz – das alles setzt sich mit der Zeit am Fahrrad fest. So sehr die regelmäßige Pflege der Kette für viele Radfahrer:innen eine Selbstverständlichkeit ist, so sehr vernachlässigen sie ihre Federelemente. Dabei ist deren Pflege noch viel einfacher zu bewerkstelligen.
Lappen und Wasser
Bei nahezu allen Federelementen auf dem Fahrradmarkt bewegen sich Gleitflächen zueinander. Am augenfälligsten ist das bei einer Federgabel, deren Tauchrohre über die Standrohre gleiten und so Fahrbahnunebenheiten ausgleichen. „Dreck auf den Gleitflächen erhöht die Reibung des Materials und verschlechtert die Funktion“, erklärt Carsten Wollenhaupt, Fahrwerks-Experte beim Federungsspezialisten Rock Shox, wo er unter anderem für den Service der Profi-Bikes verantwortlich ist. „Grobe und anhaftende Verschmutzung kann sogar die Dichtungen beschädigen, die das Innenleben der Federung schützen“, so Wollenhaupt weiter. Die einfachste Maßnahme ist, regelmäßig die Gleitflächen der Federung mit lauwarmem Wasser und einem weichen, fusselfreien Tuch zu reinigen. Gerade wer sein Rad auch im Winter nutzt oder an der Küste wohnt, sollte das regelmäßig tun, denn Salz greift die Gleitflächen extrem an. Für hartnäckigere Verschmutzungen empfehlen sich spezielle Reinigungsmittel, die es im Fahrradhandel zu kaufen gibt. „Diese Reiniger sind lösungsmittelfrei und beschädigen also weder Dichtungen noch Beschichtungen“, verrät Josh Schenk, Werkstattleiter beim pressedienst-fahrrad.
Finger weg vom Kriechöl
Aus demselben Grund rät Wollenhaupt dringend davon ab, das bei Radfahrenden für seine Vielseitigkeit geschätzte Kriechöl zur Reinigung und Schmierung der Federelemente zu verwenden. „Kriechöle können nicht nur Dichtungen beschädigen, sie sind so dünnflüssig, dass sie diese sogar unterwandern und Schmutz von außen in das Innere der Federung tragen, dort schützende Fettpackungen auflösen und sich mit dem eigentlichen Gabel- oder Dämpferöl vermischen“, warnt der Fahrradtechniker. Hochwertige Federelemente sind grundsätzlich so konstruiert, dass sie sich selbst schmieren. Ein geringer Ölfilm auf den Gleitflächen ist also normal und, anders als beim Auto, kein Grund zur Sorge. Trotzdem ist es nach einer Reinigung mit Reinigungsmitteln oder bei schwierigen Einsatzbedingungen (Staub, Streusalz, Schneematsch, usw.) sinnvoll, der Schmierung unter die Arme zu greifen und so die Gleitflächen und Dichtungen zu schonen.
Finger weg vom Fett
Zähe Fette sind dazu jedoch genauso wenig geeignet wie kriechende Öle. Die beste Lösung sind die Originalöle der Federungshersteller: „So ist eine optimale Funktion garantiert und negative Effekte durch die Vermischung unterschiedlicher Schmierstoffe ausgeschlossen“, erklärt Wollenhaupt. Welches Öl für welches Modell das richtige ist, verrät ein kurzer Blick in die Bedienungsanleitung. Ist der richtige Schmierstoff gefunden, trägt man ein paar Tropfen rund um die Dichtungen auf, komprimiert die Federelemente ein paar Mal und wischt anschließend das überschüssige Öl ab. Wie immer im Umgang mit Schmiermitteln sollte man bei beiden Varianten übrigens darauf achten, das Öl von den Bremsen fernzuhalten. „Mit verölten Bremsbelägen, ‑flanken oder ‑scheiben sind selbst die besten Stopper der Welt machtlos“, so Werkstattleiter Schenk.
Wartungsintervalle beachten
Selbst die beste Pflege ändert nichts daran, dass auch Federelemente irgendwann zum Service müssen. Rock Shox etwa empfiehlt für Mountainbikes einen kompletten Service mit Öl- und Dichtungswechsel alle einhundert Netto-Betriebsstunden. Für den Durchschnittsnutzer heißt das wahrscheinlich ungefähr einmal im Jahr. „Wer im Rennbetrieb Sekunden zählt, reagiert naturgemäß empfindlicher auf ein verändertes Federverhalten als der Stadtpendler, der aus Komfortgründen auf eine Federung setzt“, erklärt Philipp Martin vom baskischen Mountainbike- und Fahrradhersteller Orbea. Trotzdem zahlt sich regelmäßige Wartung auch für Alltagsfahrer:innen durch bessere Funktion und höhere Lebensdauer aus. Wann genau die fällig ist, verrät wieder die Bedienungsanleitung. Der Weg zum Service führt dabei in der Regel über den Fachhandel.
DIY or die
Versierte Schrauber:innen, die selbst Hand anlegen wollen, sollten vor dem Griff ins Werkzeugregal unbedingt die Bedienungsanleitung konsultieren. Bei manchen Anbietern zieht die Eigeninitiative den sofortigen Garantieverlust nach sich. Wie es anders geht, zeigt Rock Shox. Der Hersteller veröffentlicht Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit Explosionszeichnungen und detaillierten Auflistungen der benötigten Werkzeuge, Ersatzteile, Flüssigkeiten usw. und ermutigt seine Kund:innen damit explizit, sich mit der Technik vertraut zu machen. Angst, dass die Kunden etwas kaputt machen, hat Rock Shox dabei keine, wie Wollenhaupt bestätigt: „Unsere Kundschaft besteht nicht nur aus ambitionierte Biker:innen, sondern auch erfahrenen Schrauber:innen und Technikfans. Die Anleitungen sind so detailliert, dass sie zudem direkt signalisieren, wann nur noch Profis weitermachen sollten.“