E-Bike und Wohnmobil – Tipps zum Kauf und Verreisen
Reisen mit dem Wohnmobil sind weiterhin sehr beliebt. Doch die Freiheit und Unabhängigkeit des Wohnmobilfahrens erfährt Einschränkungen, wenn man an Ort und Stelle ist. „Dann braucht man ein weiteres Gefährt, um mobil zu sein. Das Fahrrad ist sozusagen das Beiboot des Wohnmobils“, sagt der Fachjournalist Martin Häußermann, der seit Jahren in der Wohnmobil- sowie auch in der Fahrradbranche aktiv ist. Auch unter Wohnmobil-Fans erfreuen sich zudem E‑Bikes einer wachsenden Beliebtheit. Mit ihnen erweitern sie ihren Radius am Urlaubsort, sie können mehr und weiter entfernte Ziele erschließen. „Die Nachfrage spüren wir auf den Campingmessen im Frühjahr, auf denen wir ausstellen“, sagt Till Kaletsch, Marketingmanager bei der Fahrradmarke I:sy. Die Interessent:innen sind meist über 50 Jahre alt und besserverdienend. Häußermann stellt klar: „Ein Wohnmobil ist kein billiges Hobby.“ Ab 70.000 Euro muss man für ein Wohnmobil eines Markenherstellers in etwa einplanen. Ein wenig günstiger fährt man, wenn man auf die Zweitmarken der renommierten Hersteller setzt. Dazu kommen noch mindestens 6.000 Euro für zwei gute E‑Bikes. Dafür genießt man den Vorteil, den Urlaub direkt an der Haustür starten zu können und europaweit eine gute Infrastruktur vorzufinden, so der Experte. Spätestens seit der Pandemie und auch aufgrund der aktuellen Marktentwicklung mit hohen Rabatten zeigt sich aber auch, dass jüngere Zielgruppen die Lust am Wohnmobilreisen entdecken. Das hat Auswirkungen auf die aktuellen Trends.
Im Trend: kompakte Modelle
3,5 Tonnen Gesamtgewicht ist die magische Grenze für Wohnmobilhersteller. Es wird alles darangesetzt, das Gefährt unter dieser Gewichtsgrenze zu halten. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens dürfen Menschen, die nach 1999 ihre Pkw-Fahrerlaubnis gemacht haben, keine schwereren Fahrzeuge lenken. „Selbst wenn die Älteren das Fahrzeug kaufen, wollen die Jüngeren, also die Kinder, sich das auch gerne einmal ausleihen. Und dann muss es führerscheinkonform sein“, erklärt Häußermann. Der zweite Grund sind anfallende Mautgebühren, wenn das Fahrzeug mit mehr als 3,5 Tonnen als Lkw eingestuft wird. Deshalb achten Wohnmobilhersteller darauf, die Fahrzeuge möglichst kompakt zu bauen, um hohen Komfort auf engstem Raum mit wenig Gewicht zu ermöglichen. Hier kommt auch das E‑Bike ins Spiel: Sie sind schwerer als Fahrräder und spielen darum eine andere Rolle bei der zulässigen Maximallast des Fahrzeugs. „Dann ist das erlaubte Gesamtgewicht relativ schnell erreicht. Gewicht und Kompaktheit sollten deshalb auch bei der Auswahl des E‑Bikes eine Rolle spielen. Die Räder sollten leicht und leicht verstaubar sein“, erklärt Kaletsch.
Hintergrund
Das zulässige Gesamtgewicht gibt das maximal mögliche Gewicht des Fahrzeuges an, inklusive Passagieren und Ausrüstungsgegenständen wie Gepäck oder auch Fahrräder und E‑Bikes.
Das Leergewicht ist die reine Leermasse des Fahrzeuges. Darin enthalten sind alle Betriebsflüssigkeiten sowie Tankinhalt und pauschal der/die Fahrer:in mit 75 Kilogramm. Ausrüstungsgegenstände sind nicht mit dabei.
Die beiden Angaben sind relevant, um die mögliche Zuladung berechnen zu können.
Heckträger oder Heckgarage?
Um das Fahrrad bzw. E‑Bike mit in den Urlaub zu nehmen, gibt es zwei Möglichkeiten: die Heckgarage oder den Heckträger. Die Heckgarage ist eine Art zusätzlicher Kofferraum des Wohnmobils. Da E‑Kompaktbikes sich durch drehbare Lenker und einklappbare Pedale im Handumdrehen auf ein Minimum zusammenbauen lassen und mit einer Länge von ca. 1,70 Metern auch sehr kurz sind, können sie dort problemlos verstaut werden. Bei anderen Rädern muss beispielsweise das Vorderrad ausgebaut oder der Lenker verdreht werden. Meist ist das zeitintensiver und braucht entsprechendes Werkzeug. Der Vorteil einer Heckgarage: Die Fahrzeuge sind darin besser vor Witterungseinflüssen und Diebstahl geschützt. Der Nachteil: Es passen in der Regel nur zwei Räder in die Garage.
Bei Heckträgern gibt es zwei unterschiedliche Modelle: Träger an der Heckwand können direkt ab Werk mitbestellt werden und sind fest mit dem Fahrzeug verbunden. Aber Vorsicht: Der Transport von zwei E‑Bikes kann das zulässige Gesamtgewicht von maximal 50 Kilogramm bereits überschreiten. Außerdem ist das Befestigen mühsam. „Da ein E‑Bike draufzuwuchten, ist nicht lustig. Und das dann auch noch sicher zu befestigen, erst recht zweimal nicht“, weiß Häußermann. Deshalb kommen viele Wohnmobile mit einer Anhängerkupplung, welche die Aufnahme eines klassischen Heckträgers ermöglicht. Hier gilt, ein weiteres Nummernschild zu besorgen und bei einer Überfahrt mit einer Fähre die Fahrzeuglänge inklusive Heckträger anzugeben. „Ansonsten muss man nachzahlen“, weiß der Camping-Experte. Außerdem ist es wichtig, die maximale Stützlast des Fahrzeugs einzuhalten, die meist zwischen 70 bis 100 Kilogramm liegt. Das ist genau das Gewicht, das maximal auf die Anhängerkupplung wirken darf, wobei man das Gewicht des Trägers in das Gesamtgewicht mit einrechnen muss. Deshalb raten die Expert:innen: Möglichst leichte E‑Bikes kaufen und beim Transport so viele Teile wie möglich abnehmen, damit die Achslast minimiert wird. Dazu zählen der E‑Bike-Akku, das Display, möglicherweise gefederte Sattelstützen und Zubehör wie Luftpumpen. Zusätzlich kann man die Räder unter einer Plane verstecken; so sind während der Fahrt vor Verschmutzung und beim Parken vor neugierigen Blicken geschützt.
Räder richtig sichern
E‑Bikes und Fahrräder sollten neben den Sicherungsmöglichkeiten am Fahrradträger am besten immer mit einem zusätzlichen Schloss gesichert sein. Das ist auch wichtig für den Versicherungsschutz. Spezielle Fahrradkomplettversicherungen, z. B. vom Anbieter Linexo, bieten weltweiten Versicherungsschutz. Damit dieser greift, muss das Fahrrad an einem festen Gegenstand, dazu zählt der Fahrradträger, mit einem hochwertigen Schloss angeschlossen sein bzw. sich an einem abschließbaren Ort befinden. Zusätzlicher Vorteil: Fahrradversicherungen können auch eine Police enthalten, die einen Abhol- sowie Werkstattservice bei Pannen beinhaltet.
Expertentipps:
- E‑Bikes sicher mit einem hochwertigen Schloss an festen Gegenstand anschließen
- Alle losen Teile vom Rad abnehmen, insbesondere Akku und Display, bei Bedarf auch Sattelstütze
- Räder mit spezieller Plane gegen Schmutz und Blicke schützen
Leihen oder kaufen?
Wer sich aktuell mit der Frage des Kaufs eines Wohnmobils beschäftigt, sollte rasch handeln. Wohnmobile und E‑Bikes waren in der Corona-Phase stark nachgefragt, aktuell jedoch sind die Lager und Parkplätze bei den Händlern voll, die Preise gehen nach unten, es gibt viele Rabatte. „Wenn jemand jetzt gerade das Geld übrig hat, dann müsste er direkt zuschlagen. Eine größere Auswahl zu günstigen Preisen wird es wohl nicht mehr so schnell geben“, rät der Experte Häußermann. Der Vorteil der großen Frühjahrsmessen: Wer dort kauft bzw. bestellt, kann in der Regel bereits zum Sommeranfang verreisen. Aber: Nicht unüberlegt handeln! Der Kauf auf Messen ist etwas für Kenner:innen, die wissen, auf was sie achten müssen und bereits Erfahrungen haben. Einsteiger:innen sollten sowohl bei Wohnmobilen als auch bei E‑Bikes vorab noch eine Probefahrten, um ihr Wunschmodell zu finden.
Doch trotz der guten Angebote ist der Kauf eines Wohnmobils nicht für jede:n ratsam. Man sollte entsprechend Zeit haben, damit sich die hohen Anschaffungskosten durch regelmäßige Touren auch lohnen. „Wer Kinder hat oder an Ferienzeiten gebunden ist, für den ist ein Kauf eher nichts“, so Häußermann. Hier bietet es sich an, ein entsprechendes Modell zu leihen. Leihmobile sind meistens direkt mit einem Fahrradträger ausgestattet. Denn hier liegt einer der wenigen Unterschiede: Ein eigenes Fahrrad oder E‑Bike sollte man bei einem geliehenen Wohnmobil dabeihaben. Wenn man abseits von Campingplätzen oder Städten parkt und eine Nacht verbringt, kann man die Region mit dem eigenen Rad problemlos erkunden.
Aktuelle Beispiele für E-Kompaktbikes:
„E-Kompaktrad“ von Bernds
Bernds ist ein Spezialist für 20-Zoll-Räder. Neben einem ausgewogenen Fahrverhalten zeichnen sich die Räder auch durch eine abgestimmte Ergonomie sowie ihren Faltmechanismus aus. Das ermöglicht ein noch besseres Abstellen. Es kommt ein Mittelmotor von Shimano zum Einsatz.
„Skyfly S10“ von I:sy
Das E‑Kompaktrad mit 20-Zoll-Rädern wiegt laut Hersteller unter 17 Kilogramm. Das wird durch einen Rahmen aus Carbon und einen leichten Bosch-Antrieb erreicht. Ein weiteres Highlight: Ein Sattelschnellspanner, der über einen Diebstahlschutz verfügt.
„Radius“ von Winora
Platzsparendes Abstellen und wendiges, agiles Fahrverhalten sind die Markenzeichen des E‑Kompaktrades. Für besseres Handling beim Tragen verfügt der Rahmen über einen integrierten Tragegriff. Das Rad kommt mit Fünf-Gang-Nabenschaltung sowie dem smarten Antriebssystem von Bosch.
„Tinker 2“ von Riese & Müller
Das 20-Zoll-Rad lässt sich dank eines faltbaren Vorbaus kompakt verstauen. Angetrieben wird es von einem Bosch-Mittelmotor; es ist eine stufenlose Enviolo-Nabenschaltung verbaut.
Weitere Infos zum Podcast
Weitere Infos und Hintergründe zum Thema hören Sie in unserem Podcast. Darin sprechen wir u. a. über die aktuellen Trends, unterschiedliche Wohnmobiltypen, die Marktentwicklung, das Laden des Akkus unterwegs und den Unterschied zwischen Wohnmobil und Wohnwagen.