Federgabel und Dämpfer beim MTB einstellen – so geht's!
Grundbegriffe:
Warum Federung? Die Federung hält das Rad bzw. die gefederten Räder am Boden. Nur dort kann ein Rad Seitenführungs‑, Antriebs- und Bremsmomente übertragen. So steigen Fahrsicherheit, ‑komfort und auch die Effizienz, in dem die Kraft auch am Boden ankommt.
Feder/Dämpfer: Man unterscheidet Federungs- und Dämpfungsfunktion. Moderne Federelemente setzen für die Feder oft auf Luft, seltener auf Stahl oder Titan. Die Dämpfung übernimmt Öl. Jeder Ein- wie Ausfedervorgang wird gedämpft, sprich kontrolliert. Ausfedern ohne Dämpfung, z. B. bei einer einfachen Kugelschreiberfeder, würde das Rad nach dem Überfahren eines Hindernisses unkontrolliert springen lassen.
Negativfederweg (engl. „sag“): Der Federweg, der allein durch das Fahrer:innen-Gewicht. Der Negativfederweg dient dazu, dass die Federung mit geringem Losbrechmoment in beide Richtungen arbeiten kann.
Federhärte: Der Gegendruck beim Einfedern
Zugstufendämpfung (engl. „rebound“): Das Maß, in dem die Ausfederbewegung des Federelementes (Belastung auf Zug) gedämpft wird.
Druckstufendämpfung (engl. „compression“): Das Maß, in dem die Einfederbewegung des Federelements (Belastung auf Druck) gedämpft wird.
Klicks: Die Einstellrädchen z. B. für Zug- und Druckstufe der Federelemente sind gerastert. Ein deutlich hörbarer „Klick“ entspricht einer Raststufe.
Fahrwerk richtig einstellen – aber wie?
1. Regelkreis
Zum Ausprobieren und Verbessern einer Ausgangseinstellung empfiehlt es sich, auf einem wohlbekannten Trail eine Probefahrt zu machen. Dieser sollte technisch nicht überfordern, denn je mehr Konzentration für die Fahrsituation aufgebracht werden muss, desto weniger bleibt übrig, um die Funktion der Federung zu bewerten. Wenn es dann ans Einstellen geht gilt: „Eins nach dem Anderen heißt dabei die goldene Regel“, wie Philipp Martin vom Mountainbike-Hersteller Orbea rät. „Ändert man mehrere Einstellungen gleichzeitig, kann man die Veränderung sonst keinem Parameter eindeutig zuordnen.“ Zudem sollte man sich langsam an das gewünschte Ergebnis herantasten, etwa indem man eine Einstellung nur schrittweise verändert und dann ggf. in die Gegenrichtung feinjustiert.
2. Federhärte und Negativfederweg einstellen
Zunächst wird die Federhärte auf das Fahrgewicht (inkl. Ausrüstung wie Helm, Knieschoner oder Rucksack) angepasst. Bei Stahl- und Titanfedern hilft nur die richtige Feder. Austausch oder Umbau sollte in diesem Fall der Fachhändler übernehmen.
Wesentlich verbreiteter sind Luftfederelemente. Hier kann in einem weiten Bereich die Federhärte über den Luftdruck eingestellt werden. Dafür benötigt man eine spezielle Dämpferpumpe, betont Carsten Wollenhaupt vom Federungsspezialist Rock Shox angehört: „Typische Standpumpen arbeiten in einem geringeren Druckbereich. Ihre Manometer sind außerdem zu ungenau und ihr Kammervolumen zu groß.“
Der richtige Luftdruck wird über den Negativfederweg eingestellt. Als Faustregel sollte man zwischen 20 und 30 Prozent wählen. Je mehr Federweg insgesamt zur Verfügung steht und je mehr Komfort gewünscht wird, desto größer der Sag. Einige Hersteller geben auf ihren Federelementen Luftdruckempfehlungen gestaffelt nach Fahrgewicht an. Das erleichtert es, einen guten Ausgangswert zu finden. Ist dies nicht der Fall, hilft der Blick in die Bedienungsanleitung. Dort sind Minimal- und Maximalwerte für den Luftdruck angegeben, an denen man sich grob orientieren kann.
Ist ein Ausgangswert für den Luftdruck eingestellt, schiebt man die O‑Ringe auf den Gleitflächen zurück und nimmt die Grundposition auf dem Rad ein (mit leicht gebeugten Armen und Beinen zentral über dem Tretlager stehend). Dann steigt man vorsichtig ab, ohne zu wippen. Der O‑Ring hat sich beim Einfedern so weit verschoben, wie der Federweg genutzt wurde. Jetzt misst man, wie viele Zentimeter Federweg in der Grundposition genutzt wurden und setzt das ins Verhältnis zum maximal zur Verfügung stehenden Federweg (bzw. Dämpferhub beim Hinterbau-Federbein). Aufgedruckte Skalen erleichtern etwa bei Rock Shox das Bemessen des Negativfederwegs. Ansonsten hilft ein Zollstock.
3. Zugstufe
Stimmt der Negativfederweg, stellt man im zweiten Schritt die Zugstufendämpfung ein. Dazu dreht man das Einstellrad für Rebound/Zugstufe Klick für Klick in die gewünschte Richtung. Die Bedienungsanleitung verrät, wo sich das Einstellrad findet. Die Dämpfung wird von der offenen, sprich ungedämpften Position aus gemessen und eingestellt. Das Einstellrad ist mit „+“ und „-“ beschriftet, wobei „+“ mehr Dämpfung, also eine langsamere Ausfedergeschwindigkeit meint. Rock Shox ergänzt diese Angabe um zwei eindeutige Piktogramme. Der Hase steht für schnelles Ausfedern/weniger Dämpfung, die Schildkröte für langsames Ausfedern/mehr Dämpfung.
Zunächst sollte man die Dämpfung ganz öffnen, indem man das Einstellrad vollständig zu „-“/Hase dreht. Dann federt man die Gabel ein, indem man sich neben den Lenker stellt und sie durch Drücken mit dem gesamten Oberkörper so weit wie möglich komprimiert. Dabei am besten die Bremse ziehen, damit das Rad nicht wegrollt. Dann lässt man ruckartig den Lenker los und beugt sich zurück. Die Gabel federt schlagartig und ungedämpft aus, wobei das Vorderrad in der Regel den Bodenkontakt verliert. Das verhindert man nun, indem man die Dämpfung so weit erhöht (Dreh in Richtung „+“/Schildkröte), bis das Vorderrad gerade eben nicht mehr abhebt. So ist eine taugliche Basiseinstellung erreicht.
Eine eventuell Vorhandene Hinterbaufederung sollte ungefähr gleich schnell ausfedern wie die Federgabel, um ein unharmonisches Fahrvehalten zu vermeiden.
4. Druckstufe
Besonders hochwertige Federelemente erlaufen die externe Einstellung der Druckstufe. Damit lässt sich anpassen, wie sensibel das Federelement einfedert, ohne den Luftdruck zu verändern. Eine Veränderung in Richtung +/mehr Dämpfung bewirkt einen höheren Widerstand. Aktive Fahrer:innen, die z. B. viel im Wiegetritt fahren können von dieser Einstellung profitieren. Aber Achtung: Nicht übertreiben! Schließlich ist die Federung zum Federn da.
5. Aufschreiben
Hat man nun seine Basiseinstellung gefunden, ist es ratsam, diese als Ausgangspunkt für weitere Experimente und zur Sicherheit gegen unbeabsichtigte Veränderungen zu notieren und aufzubewahren (etwa gemeinsam mit der Bedienungsanleitung).
Expert:inneneinstellungen
Viele hochwertige Federelemente bieten weitere Einstelloptionen, wie etwa der Federkennlinie mittels Volumenspacern. Diese Einstellungen sind hoch spezifisch. Hier hilft in der Regel ein Blick in die Bedienungsanleitung.
„Das ist mir viel zu viel, ich will einfach fahren!“ – Fahrwerkseinstellung the easy
„Selbst wenn wir bisher nur an der Oberfläche gekratzt haben, ist das für viele Menschen schon zu viel des Guten“, weiß Carsten Wollenhaupt von Rock Shox aus Erfahrung zu berichten. Hier weiß der US-Konzern mit fränkischen Wurzeln Abhilfe. Mit „Shockwiz“ (ab 329 Euro) bietet die Tochterfirma Quarq ein streichholzschachtelkleines Gerät an, das mit der Federung verbunden wird und während der Fahrt ihre Funktion misst. Diese Daten werden an die dazugehörige App gemeldet und das Smartphone meldet dem Fahrer, was er verändern soll. Noch einen Schritt weiter gehen die elektronischen Fahrwerke von Rock Shox mit dem Namen „Flight Attendant“. Hier muss nur der Luftdruck eingestellt werden, den Rest macht die Technik automatisch. Mitbewerber Fox hat mit „Live Valve“ eine ähnliche Technik im Angebot.