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Mallorca im Doppelpack – Mit dem Tandem unterwegs

Rennradfahren lebt von der Dynamik. Die ist aber mitunter sehr unterschiedlich. Autor Gunnar Fehlau ist deutlich langsamer unterwegs als sein Bruder Axel. Die Lösung ist, gemeinsam aufs Tandem zu steigen. Ein Tandemtour zu Mallorcas spektakulärster Sackgasse: Sa Calobra.
Die Bildunterschrift wird in Bälde eingefügt. Sie können uns aber gern auch per E-Mail oder Telefon kontaktieren, wir helfen gerne weiter.https://www.pd-f.deImpressum/Imprint: pressedienst-fahrrad GmbH, Ortelsburger Str. 7, 37083 Göttingen, Germany, T: +49(0)551/9003377-0, info@pd-f.de, www.pd-f.de Quelle/Source: „www.pd-f.de | Macià Puiggròs Noguera | massayfotografia“
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Stand: April / 2025

Der Duft von Orangen und Zitronen erfüllt die Luft. Die Reifen surren über den rauen Asphalt der MA-3433 Straße nach Alcúdia. Wir haben Rückenwind und das Tandem spielt seine Trumpfkarte vollends aus: Zwei Beinpaare pedalieren mit dem Luftwiderstand kaum größer als einzelner Radfahrer. So sausen wir, ich vorne, mein Bruder Axel hinten, mit Tempo 40 Richtung Küste. Die 30 Kilometer von unserem Quartier MA-13 in Sineu nach Port d’Alcúdia bringen wir in unter einer Stunde hinter uns. Die reinste Wonne. So gefällt der Start unserer „Königsetappe“ dieses Bruder-Radurlaubs. Unser Ziel: Sa Calobra mit der für Radfahrer wohl berühmtesten Stichstraße Mallorcas. Satte 700 Tiefenmeter geht es auf kaum zehn Kilometern mit zahlreichen Kurven vom Cols dels Reis herunter in das kleine ehemalige Fischerdorf. Dort kann man sich in einem Café oder Restaurant stärken, um den Rückweg der Kultstrecke über die gleichen Wege anzutreten. Insgesamt haben wir gute 140 Kilometer und 2.200 Höhenmeter auf dem Plan.

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Damals im Bergischen Land

Dass wir heute zusammen Radfahren, war lange nicht abzusehen. Dabei hatte das Radfahren uns Brüder nach streitvollem Pubertätsbeginn überhaupt erst wieder zusammengebracht. Axel ist zwei Jahre älter als ich. Ende der 1980er Jahre stiegen wir von einfachen Tourenrädern, mit denen wir in Sommerfamilienurlauben unterwegs waren, erst auf Rennräder und dann auf pfeilschnelle Liegeräder um. Wir waren viel und häufig gemeinsam unterwegs, sind Radtouristikfahrten (RTF) im Kölner Raum gefahren und haben bei den ersten Radmarathons mitgemacht. Tempo und Distanzen steigerten sich schnell und gipfelten bei Axel kaum zehn Jahre später in einem 24-Stunden-Weltrekord (1021 km). Paris-Brest-Paris und ein Sieg beim Race Across America folgten. Ich verbrachte immer mehr Zeit auf dem Bürostuhl, um über Räder zu schreiben, anstatt selbst unterwegs zu sein. So trennen uns Brüder heute gut ein paar Kilogramm und viele Tausend Jahreskilometer. Unsere Leben haben sich auch räumlich verändert. Axel ist im Rheinland geblieben, mich hat es über diverse Stationen (zufrieden) nach Göttingen verschlagen. Anstrengende Jobs, Kinder und Co. sorgen dafür, dass wir uns zu selten sehen. Um das zu ändern, fahren wir einmal im Jahr ein verlängertes Wochenende gemeinsam Rad. Nur wir zwei! Und um das Trainingsdefizit auszugleichen, ist das Tandem die Lösung: Zwei Leute, ein Tempo! Und so trauen wir uns den härtesten Anstieg der Insel zu.

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Reden, reden, reden

Unser feuerroter Blitz schießt nun die Küstenstraße zehn Kilometer Richtung Port de Pollença. Der Wind meint es weiter gut mit uns und wir unterhalten uns während der Fahrt. Denn auch das ist Tandemfahren: Sie sind äußerst kommunikativ, schließlich sind die Köpfe stets recht nahe beieinander und man muss nicht nebeneinander fahren, um sich sprechen zu hören. So wird das Gespräch nicht durch ständige Fahrmanöver unterbrochen, sondern fließt harmonisch dahin, gerade so wie der Doppelsitzer durch den ruhigen Verkehr am frühen Samstagmorgen steuert. 

Besser meiden: Seichte Anstiege

Wir verlassen die Küste im 90 Grad Winkel westlich nach Pollença und drehen in den Wind hinein. Jetzt geht die Fahrt mitten durchs Serra de Tramuntana-Gebirge der Insel, denn – und das ist der Clou nach Sa Calobra – bevor wir zum Highlight unserer Tour gelangen, stehen 30 Kilometer Anfahrt mit über 1.000 Höhenmetern auf dem Programm. Hier am südlichen Ausläufer des Gebirges ist die Steigung noch seicht. Alle diese Dinge, wie Schalten, Bremsen oder ein Wechsel in den Wiegetritt, laufen beim Solo-Rad ganz automatisch; beim Tandem wollen sie neu gelernt sein. Kleinste Asynchronitäten bremsen prompt und das Gefährt lässt sich anschließend nicht so einfach wieder beschleunigen. So nimmt uns die seichte Steigung noch vor Pollença gehörig den Schwung. Aus den 40 km/h wird schnell ein zähes Stampfen bei kaum 20 km/h. Merke: So schön seichte Gefälle sind, so toxisch wirken leichte Steigungen aufs Tandem.

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Tandemspaß: Gefühl und Technik entscheiden

Wir nutzen die vereinzelten Spitzkehren der MA-10 auf dem Weg zum Kloster Lluc um unser Gefühl fürs Gefährt zu perfektionieren. Die alten Absprachen, per Klopfsignal auf meinem Rücken, verstehe ich noch immer. So kann Axel mir selbst bei lautem Fahrtwind Navigationshinweise geben oder mir – per Doppelklopf mit dem Helm – mitteilen, wenn ihm die Fahrt zu riskant wird. Genau das ist nämlich Tandemfahren: Vertrauen und Verantwortung sind messerscharf getrennt. Der Vordermann, auch Captain genannt, kümmert sich um die sichere Fahrt, während die Person auf dem Heckplatz, auch Stoker genannt, blind vertrauen muss. Umgekehrt übernimmt die Heckperson die Navigation und behält den Überblick über die Strecke. Oder kürzer: Vorne lenkt, hinten denkt! Tandems sind aber auch ein echter Stresstest fürs Material: Die Kombination aus doppelter Beinkraft und guter Aerodynamik sorgt für mächtig dynamische Belastungen.

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Die Krawatte ins Glück

Wir nehmen die Abzweigung nach Sa Calobra und erklimmen die letzten 100 Höhenmeter zum Cols dels Reis. Mit einem Mal öffnet sich das Tal und gibt den Blick auf die Küste und das Meer frei. Wir halten an, lehnen das Tandem an einen Felsen und schauen talwärts Richtung Küstenlinie. Als der Ingenieur Antonio Paretti sie 1932 plante, fügte er die Straße hinab nach Sa Calobra geschickt ins Relief der Berglandschaft ein. Im Ergebnis stehen gut 20 Serpentinen und zahllose weitere Kurven. Zur berühmtesten Straße Mallorcas wurde sie durch ihren Einstieg in das zerklüftete Tal. In einer 270-Grad-Schleife untertunnelt das Asphaltband kurioserweise sich selbst. Die straßenbauliche Ikone trägt den Spitznamen „Krawattenknoten“. Fast demütig nehmen wir diesen in Angriff und heizen anschließend frohlockend über die steilsten Passagen des Passes mit gut zwölf Prozent auf das erste Serpentinen-Staccato zu: vier Haarnadelkurven in enger Folge. Das Vorderrad führt, ich folge mit Oberkörper in die Kurve und Axel antizipiert aufs kleinste Signal hin, wie er sich mit in die Kurve zu lehnen hat und wann wir uns wieder aufrichten. Längst sind das MT-800, Axel und ich zu einem Velo-Organismus verschmolzen. Im Flow sausen wir die sensationellen Kurvenfolgen bis zum Port de Sa Calobra hinunter. Stets lediglich die nächste Kurve fest im Blick und die Hände an den Bremshebeln. Für die Schönheit der Landschaft haben wir im Rausch der Geschwindigkeit keinen Sinn. Dafür bleibt auf dem beschwerlichen Rückweg genug Zeit.

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Zehn Kilometer: Kurven und Keuchen

Wir erreichen das Fischerdorf mit seinen etwa 20 Häusern. Anfang November herrscht angenehme Ruhe. Wir schieben unser Tandem durch zwei enge Fußgängertunnel und erreichen eine wundervolle Bucht mit weißem Sand, die von zwei Felsen eingerahmt wird. Ein wundervoller Platz für ein Picknick. Leider haben wir nur Energie-Riegel in den Trikottaschen, weshalb wir uns nach kurzer Stärkung auf den Rückweg machen. Ich habe Bedenken bezüglich der Länge des Anstieges und den Rampen am Ende, aber die Rechnung ohne meinen Bruder gemacht. Gefühlvoll und fast kraftvoller als jeder E‑Antrieb schiebt der „fitte Fehlau“ von hinten. Endlich ist Gelegenheit, sich in der Landschaft zu verlieren.

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Gemeinsam statt gegeneinander

Die ersten 200 Höhenmeter sind vollbracht als wir durch die Felsspalte bei Sa Brexta pedalieren. Ein gleichsam schönes wie gefährliches Nadelöhr der Strecke. Der Platz reicht weder für zwei Fahrzeuge noch für größere Radgruppen. Die Abfahrer:innen wollen nicht bremsen und die Kletterer nicht aus dem Tritt kommen, so kommt es bisweilen zu lautstarken Konflikten! Uns beide bringt hier und heute nichts auseinander. Mit Wonne geht es in die ersten Haarnadelkurven des Anstiegs. Noch läuft alles rund. Ich habe ein wenig das Gefühl, mich von meinem Bruder hochfahren zu lassen. Nun ja, dafür steuere ich ihn sicher: Quid pro quo!

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Klettern bis die Arme schmerzen

Baumeister Paretti führte seine Serpentinenstraße mit kunstvoller Hand durch das felsige, von Kiefern bewachsene, teils sehr schroffe Tal. Die Steigung ist sehr gleichmäßig, die Ausblicke Richtung Küste und ins Gebirge hinein sich landschaftlich das spektakulärste was Mallorca zu bieten hat. Die vielen Kurven sorgen auch bergauf für Abwechslung. Wir verlegen uns darauf, auf den geraden längeren Passagen aus dem Sattel zu gehen. Noch bevor meine Waden unter der Anstrengung schmerzen, melden sich meine Arme. Sie sind die Haltearbeit von gut 200 Kilogramm nicht gewohnt. Die Anfahrt zum Krawattenknoten nehmen wir sitzend in Angriff. Einen Kilometer weiter stehen wir auf der Passhöhe und wenden unseren Blick Richtung türkisblau glitzerndem Meer und Bucht, in die sich Parettis verwegener Asphaltstreifen schlängelt.
 
Bis zum Kloster Lluc folgen wir auf der Nordseite der Berge unserer Route der Anfahrt und biegen Richtung Coll de Sa Batalla und Coll de Sa Bataia auf die kurvenreiche MA-2130. Es geht zehn Kilometer quasi nur bergab bis in die Ortschaft Caimari. Die Serra de Tramuntana liegt hinter uns. Gegen die Anstiege des Tages sind die letzten Hügel bis Sineu die reinsten Bürgersteigkanten. Stolz und Genugtuung bringen unsere Gemüter in Wallung. Wir haben den härtesten Coll der Insel gemeistert. 

Autor: Gunnar Fehlau

Das Fahrrad

Der MT-800 Tandemrahmen von Cannondale ist seit 1999 im Familienbesitz. Ursprünglich ein 26-Zoll-Mountainbike hat das Rad ein umfangreiches Update erfahren: 650B-Laufräder mit schnellen Schwalbe-Pneus, mechanische Scheibenbremsen von Paul Componentes und schnittige Richtey-Rennlenker. Sogar ein Gates-Carbonriemen ist zwischen den beiden Kurbeln montiert. „Nie fuhr das Rad schneller, nie bremste es besser“, meint der Autor.

Hinweis:

Die Reportage erschien erstmalig in der Bike Bild 02/2012.

Internationale Spezialradmesse
Die Spezi findet 2025 am 26. und 27. April in Lauchringen statt.